Französische Agenten vs Greenpeace Rainbow Warriors
Am 10. Juli 1985 versenkte der französische Geheimdienst in Neuseeland das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior„. Obwohl ein Mann starb, stritt Frankreich alles ab – und beförderte die Hintermänner sogar.
Am 10. Juli 1985 versenkte der französische Geheimdienst in Neuseeland das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“, ein Fotograf an Bord starb. Für Kapitän Peter Willcox änderte das alles – nur nicht seine Lebensaufgabe.
Die erste Haftmine detoniert um 23.48 Uhr. Sie reißt ein garagengroßes Loch in die Schiffswand, Wasser schießt ins Innere der „Rainbow Warrior“. Zwei Minuten später knallt es ein zweites Mal, ein blauer Lichtblitz zuckt übers Wasser. „Alle Mann von Bord“, brüllt Kapitän Peter Willcox, das Greenpeace-Schiff neigt sich bereits bedrohlich zur Seite. In Panik retten sich die Crew-Mitglieder auf den Anleger im Hafen von Auckland.
Alle bis auf einen
Fotograf Fernando Pereira kehrt noch einmal um, er will seine wertvolle Kameraausrüstung retten. Eilig hastet er die schmale Treppe hinunter, die zu seiner Kabine führt. Pereira schafft es nicht mehr zurück an Deck.
Um drei Uhr in der Nacht bergen Marinetaucher seinen leblosen Körper. Die Beine des 35-Jährigen hatten sich in den Gurten der Kameratasche verheddert. „Fernando war der Einzige an Bord mit zwei kleinen Kindern. Ich hätte mir so sehr gewünscht, ihn zu retten. Aber wie?“, sagt der heute 62-jährige Kapitän Willcox. „Wir standen völlig hilflos vor dem halb untergegangenen Schiff. Die zweite Bombe muss ihn ohnmächtig gemacht haben“, ergänzt Andy Biedermann, damals 29 Jahre alt und Schiffsarzt an Bord der „Rainbow Warrior“.
Die beiden einstigen Crew-Mitglieder, der US-Kapitän und der Schweizer Mediziner, sprechen leise, wenn sie sich an jenen 10. Juli 1985 erinnern. Der Tod Pereiras hat ihr Leben geprägt – und eine ganze Nation bis auf die Knochen blamiert.
Pereira starb, weil der französische Geheimdienst ein Schiff mit Menschen versenkt hatte, die sich für den Schutz der Umwelt einsetzten. Die Besatzung der „Rainbow Warrior“ plante, nach Mururoa zu segeln und dort die französischen Nuklearversuche im Südpazifik zu stören. Die Umweltaktivisten hatten vor, öffentlichkeitswirksam in die militärische Sperrzone um das Atoll einzudringen – doch genau dies wollten die Franzosen um jeden Preis verhindern. „Wir hatten eine Mission“
Die „Grande Nation“ führte seit 1966 Atomtests auf dem französisch-polynesischen Atoll durch. Nachdem zunächst oberirdische Explosionen die Inseln verseucht hatten, verlegten die Franzosen die Tests 1974 auf internationalen Druck hin unter die Erde. Zu jenem Zeitpunkt engagierte sich Willcox noch für den Schutz des Hudson River.
1981 wechselte der Amerikaner zu Greenpeace – zunächst als Steuermann, dann als Kapitän der „Rainbow Warrior“: einem Schiff, das seit 1978 für die Umweltorganisation in See stach. „Einerseits auf dem Meer leben, andererseits etwas Sinnvolles tun: Die Kombination war perfekt für mich“, sagt Willcox. „Wir kamen von überall her, wollten uns engagieren, suchten das Abenteuer. Wir hatten eine Mission“, beschreibt Biedermann die Stimmung an Bord.
Bevor die „Rainbow Warrior“ Neuseeland und danach Mururoa ansteuern sollte, fuhren die Greenpeace-Aktivisten zunächst zum Rongelap-Atoll im Pazifik. Dessen Bewohner litten massiv unter den Folgen der US-Atomversuche auf dem benachbarten Bikini-Atoll.
„Die Menschen beschrieben den Fallout als weißen Schnee, der auf den Strand gefallen war. Sie wollten einfach nur noch weg“, erzählt Mediziner Biedermann. Im Mai 1985 evakuierte das Schiff der „Regenbogenkrieger“ die rund 300 Bewohner von Rongelap auf die nicht verstrahlte Insel Mejato. Zu jenem Zeitpunkt lief die Planung für die französische Geheimdienstoperation mit dem Codenamen „Satanique“ („teuflisch“) längst auf Hochtouren.
Monate zuvor hatte der französische Auslandsnachrichtendienst DGSE Hinweise bekommen von der bevorstehenden Protestaktion der Umweltschützer vor Mururoa. Ende April schleuste der Geheimdienst die Agentin Christine Cabon ins Greenpeace-Büro in Auckland ein.
Als die „Rainbow Warrior“ am 7. Juli dort eintraf, hatte der „Maulwurf“ die Details der Anti-Atom-Demo längst nach Frankreich übermittelt, wo der Anschlag minutiös geplant wurde: Zwei durch Taucher von außen angebrachte Magnetminen sollten das Greenpeace-Schiff zerstören. Am Abend des 10. Juli war es soweit.
Gegen 20.30 Uhr glitten die Kampfschwimmer ins Wasser, tauchten an die „Rainbow Warrior“ heran und befestigten die Sprengstoffminen: eine an der Propellerwelle, eine an der Außenwand des Maschinenraums. Im Innern des Schiffs feierte derweil ein Teil der Crew bei Schokoladenkuchen und Bier den Geburtstag eines Aktivisten.
Die meisten der 27 Besatzungsmitglieder aber waren an jenem Abend nicht an Bord: Nach mehreren Monaten auf dem Meer genossen sie die Freiheit an Land – als kurz vor Mitternacht die mit Zeitzündern versehenen Bomben hochgingen. Die erste Detonation riss Willcox aus dem Tiefschlaf.
Im Bauch des Greenpeace Rainbow Warrior eingesperrt
„Ich dachte zunächst: Wir sind mit einem anderen Schiff kollidiert. Alles war dunkel, die Explosion hatte den Bord-Generator zerstört. Weil ich meine Kleider nicht fand, band ich mir im Laufen ein Handtuch um und eilte zum Maschinenraum. Dort traf ich Davey Edwards.
Er rief: ‚Es ist vorbei, Pete! Das Boot ist hin!‘ Ich befahl, alle zu wecken. In dem Moment detonierte die zweite Bombe. Ich schrie, dass alle sofort an Land klettern sollen. Als wir auf dem Anleger standen, merkten wir: Fernando ist nicht da.
Ich schaute auf die Luftblasen, die von dem zur Seite wegsackenden Schiff aufstiegen und konnte es einfach nicht fassen. Fernando war dort unten, im Bauch des Schiffes eingesperrt.
Die Crew war geschockt – und musste gleichzeitig mit dem Misstrauen der Polizei fertig werden: „Manche dachten zunächst, wir hätten den Anschlag selbst verübt, quasi als Publicity-Gag“, sagt Willcox. Erst am anderen Morgen, als Taucher feststellten, dass von außen angebrachte Bomben das Schiff zerstört hatten, wandelte sich das Verhalten der Ermittler.
Eine auf den Fall angesetzte Spezialeinheit wurde schnell fündig: Nachtwächter eines Yacht-Clubs hatten am Abend des 10. Juli zwei Männer beobachtet, die zwischen einem Schlauchboot und einem Lieferwagen hin- und hergelaufen waren. Sie notierten die Nummer des weißen Toyota: LB 8945.
Zwei Tage nach dem Anschlag gab ein angebliches Ehepaar aus der Schweiz das Fahrzeug bei einer Autovermietung ab – und wurde sofort festgenommen. Es handelte sich um Major Alain Mafart und Hauptmännin Dominique Prieur: zwei hochrangige DGSE-Agenten.
„Ein Vorschlaghammer gegen einen Floh“, verhöhnte die französische Zeitung „Le Monde“ damals den unfassbaren Terrorakt einer mächtigen Atomnation gegen eine damals noch unbedeutende Umweltorganisation.
Während die französische Regierung wochenlang jegliche Verantwortung leugnete, recherchierten die Medien so lange, bis Stück für Stück die ganze Wahrheit ans Licht kam. Doch selbst dann geschah wenig: Zwar wurden Verteidigungsminister Charles Hernu und Geheimdienstchef Pierre Lacoste geschasst.
Die Regierungsspitze aber hielt sich im Amt – und setzte Neuseeland so lange wirtschaftlich unter Druck, bis sie die Hintermänner Mafart und Prieur freigepresst hatte. Schon 1987 waren die in Neuseeland zu zehn Jahren Haft verurteilten Geheimdienstler wieder auf freiem Fuß. Zurück in Frankreich wurden sie mit militärischen Auszeichnungen bedacht und befördert.
Und die Crew-Mitglieder? Biedermann und die meisten anderen flogen damals zurück in ihre Heimatländer. Kapitän Willcox indes stach erneut in See: Anfang September 1985 fuhren er und Grace O’Sullivan mit dem Greenpeace-Schiff „Vega“ zum Mururoa-Atoll. „Wir wollten den Franzosen nicht das Gefühl gönnen, gewonnen zu haben“, sagt er.
Französische Regierung
Als Gewinner ging allein Greenpeace aus dem Anschlag hervor: Die Organisation erhielt Zulauf auf der ganzen Welt. 1995 beendeten die Franzosen die Atomtests auf Mururoa. Zwei Jahre später offenbarte der damalige Geheimdienstchef Lacoste in seinen Memoiren, Ex-Staatspräsident François Mitterand habe von der „Opération Satanique“ gewusst und seine Zustimmung erteilt.
„Mitterand hat das Ganze von Anfang an abgesegnet“, empört sich Biedermann. Der Schweizer findet es unökologisch, eigens für eine Gedenkveranstaltung am 10. Juli nach Neuseeland zu fliegen: Er wird an dem 30. Jahrestag eine Radtour mit seinem Sohn unternehmen.
Zudem denkt Biedermann ohnehin genug an die „Rainbow Warrior“: Der wuchtige Holzklotz in seinem Wohnzimmer, auf dem er abends seinen Whisky abstellt, stammt vom Mast des Schiffs. Auch Willcox hat sich ein Stück des Wracks gesichert – ein Bullauge, es lagert in seinem Keller. „Irgendwann hänge ich es an meine Haustür“, sagt er.
Doch noch ist keine Zeit für Nostalgie: Am 10. Juli wird der Kapitän mit der „Rainbow Warrior III“ unterwegs sein, um das bedrohte Great Barrier Reef vor Australien zu schützen: „Mein Job ist es nun einmal, den Planeten retten.“ Erstmals im Gespräch lacht Käpt’n Willcox.
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